Veröffentlicht am 19.05.2012
So oft wie in letzter Zeit, war Boyle noch nie im Fernsehen zu sehen. Als ich in den neunziger Jahren seine ersten Romane las, war er nicht sehr bekannt. Heute ist er offensichtlich auf dem Weg zum Mainstream und mir geht es ein bisschen so wie dem Fan, der einst eine Indieband entdeckt hat und nun erleben muss wie jeder Radiosender rund um die Uhr die neueste Single seiner einst geheimen Lieblinge spielt. Ich bin - und das ist kein Geheimnis - bekennender Fan des Autors. Seine ersten Romane sind grandios.
„Wassermusik“ von 1982 und „Grün ist die Hoffnung“ von 1984 sind nach wie vor perfekte Einstiegsromane in die Welt des T. C. Boyle. Sein dritter Roman „World’s End“ wurde mit dem PEN/Faulkner Award ausgezeichnet. Er zählt noch immer zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Es sind nicht nur seine Geschichten, in denen oft reale historische Persönlichkeiten und Ereignisse den Kern bilden um den die Fiktion gestrickt wird, nicht nur seine Figuren die das Wort „Scheitern“ ganz neu definieren, es ist vor allem die Sprache, die mich immer begeistert hat. Boyle ist ein Autor, der richtig dick aufträgt und das erzeugt Lesespaß – bei mir jedenfalls. Leider - und auch hier gibt es eine Parallele zur Musik - ließ der Lesespaß über die Jahre nach. Immer waren die Bücher toll, aber das enorm hohe Niveau seiner ersten Romane konnte er einfach nicht mehr erreichen.
Mit „Ein Freund der Erde“ wandte er sich 2000 schon einmal dem Thema Umwelt zu. Dazu griff er zu der für ihn ungewöhnlichen Form des Science-Fiction-Romans. Nun also „Wenn das Schlachten vorbei ist“. Und was soll ich sagen: Es ist ein Comebackroman! Über Inhalt und Thema dieses Umweltromans ist viel geschrieben worden und T. C. durfte dazu auch einiges in ARD und ZDF sagen. Ich war glücklich wieder einen Roman von ihm lesen zu dürfen, der so kraftvoll ist und mit so viel erzählerischer Lust daher kommt. Dafür muss man sich Zeit nehmen, das liest sich nicht so einfach weg. Außerdem gibt es keinen Helden, mit dem man sich identifizieren kann. Auf der einen Seite so wenig wie auf der anderen.
Wer noch keinen Boyle gelesen hat, sollte vielleicht lieber chronologisch vorgehen und die Romane „Dr. Sex“, „Talk Talk“ und „Die Frauen“ zunächst überspringen. Die sind nur etwas für echte Fans.
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